Was sollte man als Lehrer über den Zusammenhang von Depression und Pubertät wissen?
Pubertät ist der Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter.
Pubertät kann auch als Kreuzung betrachtet werden, an der die Identitätsfindung, das Streben nach Autonomie und neue Erfahrungen, stattfindet, die durch neue Risiken und Verluste gekennzeichnet ist.
Im Zuge der Reifung des jugendlichen Gehirns und den sozialen Herausforderungen dieses Lebensabschnittes, treten die meisten psychischen Erkrankungen, also auch Depression, erstmalig während der Pubertät auf. Depression ist dabei aufgrund ihrer Auftretenshäufigkeit, ihres Schweregrades und dem einhergehenden erhöhten Risikos für suizidale Handlungen besonders auffällig.
Die Schule ist ein wichtiger Ort, an dem psychischen Problemen vorgebeugt oder diese als solche erkannt werden sollten. Meist vermutet ein Lehrer, dass etwas nicht stimmt, wenn sich das Verhalten oder die schulischen Leistungen eines Schülers über die Zeit stark verändern.
Unglücklicherweise werden diese Veränderungen meist anderen Gründen zugeschrieben und somit wird oft eine wertvolle Gelegenheit verpasst, einzugreifen und wirksam zu unterstützen.
Was sollte man als Lehrer über die Erkrankung Depression wissen?
Die gesellschaftliche Belastung durch Depression ist groß: schätzungsweise eine von vier Frauen und einer von acht Männern ist mindestens ein mal im Leben von einer Depression betroffen.
Laut der Weltgesundheitsorganisation leiden ca. 6,2 % aller Kinder und Jugendlichen im Alter von 9-17 Jahren an einer Depression, davon überwiegend Mädchen.
Faktoren, die mit Depression im Jugendalter zusammenhängen
Im Vergleich zur frühen Kindheit erleben Jugendliche häufig einen deutlichen Anstieg an Herausforderungen, die sie bewältigen müssen.
Diese Herausforderungen, namentlich die Abnabelung von den Eltern, elterliche Zurückweisung, soziale Entfremdung, Armut, Leistungsdruck und Anforderungen seitens der Eltern, Liebeskummer, Zukunftsangst, soziale Misshandlungen oder Mobbing durch Gleichaltrige, können die Anfälligkeit für eine Depression erhöhen.
Im Vergleich zu Erwachsenen haben Jugendlich deutlich weniger Bewältigungsstrategien, die ihnen zur Verfügung stehen. Jugendliche sind noch relativ unerfahren im Umgang mit diesen Stressoren und könnten auf weniger adaptive und hilfreiche Bewältigungsstrategien zurückgreifen.
Depression bedeutet nicht nur sich unwohl zu fühlen
Depression ist mehr als nur ein temporäres Unwohlsein oder schlechte Laune, aus einem bestimmten Grund. Es ist eine medizinische Erkrankung bei der professionelle Hilfe benötigt wird und die behandelbar ist.
Manchmal ist es nicht so einfach zwischen einem Gefühl von Traurigkeit, das hin und wieder erlebt wird und einer depressiven Erkrankung zu unterscheiden. Die wesentlichen Unterschiede sind das persönlichen Leiden und der negative Einfluss auf das soziale, zwischenmenschliche Leben, sowie den Arbeitsalltag, die für mehr als 2 Wochen andauern.
Ärzte und Psychologen beziehen sich auf eine Liste von Symptomen einzuschätzen ob ein Patient die diagnsotischen Kriterien einer Depression erfüllt.
Depression erkennen
Ein Lehrer hat eine einzigartige Verbindung zu seinen Schülern und kann die derzeitige Situation eines Schülers durch ein paar einfache Nachfragen explorieren. Er könnte z.B. erfragen, ob der Schüler sich traurig fühlt, wie intensive dieses Gefühl ist und wie lange es schon andauert. Dabei ist es wichtig aufmerksam zuzuhören.
Eine interessierte Person die einer depressiven Person aufmerksam zuhört und sensibel ist, für verbale und nicht-verbale Hinweise, kann drei verschiedene Problembereiche ausmachen:
- Psychologische Symptome – Denken, Fühlen und Motivation sind betroffen.
- Physische Symptome – wie z.B. Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Rückenschmerzen. Manchmal zeigt sich eine Depression nur durch körperliche Symptome.
- Symptome auf der Verhaltensebene- diese resultieren meist aus der Interaktion von körperlichen und psychologischen Symptomen.
Manchmal ist es einfacher diese Veränderungen als Beobachter zu bemerken:
Wenn man die Vermutung hat, dass jemand depressive sein könnte, sollte man sich in Erinnerung rufen, wie diese Person sich vor sechs Monaten üblicherweise verhalten hat. Wie hat sie sich anderen gegenüber verhalten? Das könnte dabei helfen, mögliche Veränderungen zu erkennen. Allerdings versuchen einige Betroffene hartnäckig, ihre Symptome zu verstecken, weil sie sich schämen oder das Gefühl haben, dass sie anders sind als andere Menschen in ihrem Alter.
Verschiedene Problembereiche bei Depression im Jugendalter
Psychologische Symptome
- Gefühl von Hoffnungslosigkeit
- Sinnverlust
- Interessenverlust
- Konzentrations- und Aufmerksamkeitsschwierigkeiten
- Reduziertes Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen
- Gefühle von Schuld- und Wertlosigkeit
- Unfähigkeit emotional zu reagieren
- Eine negative und pessimistische Zukunftsperspektive
- Suizidale Gedanken
Physische Symptome
- Gewichts- und Appetitverlust (oder das Gegenteil)
- Schlafstörungen, Probleme morgens aufzustehen
- Druck- und Engegefühle im Hals und in der Brust
- Starkes Schwitzen und Herzrasen
- Chronische Schmerzen, vergleichbar mit rheumatischen Erkrankungen
- Verlust des sexuellen Verlangens
- Antriebslosigkeit und schnelle Erschöpfung
Symptome auf der Verhaltensebene
- Rückzug vom sozialen Leben
- Unruhe verspüren
- Veränderte Sprache und Körpersprache
- Motivationsschwierigkeiten und Apathie
- Selbstverletzendes Verhalten
Normale Befindlichkeitsbeeinträchtigung vs. Erkrankung
Einige dieser Anzeichen und Veränderungen im Verhalten haben eine Ähnlichkeit zu normaler Niedergeschlagenheit. Daher ist es wichtig zwischen einer Depression und normalen Kummer, wie z.B. Trauer, zu unterscheiden.
Die folgenden Aspekte können bei der Einschätzung der derzeitigen Situation hilfreich sein:
Wenn man überprüfen möchte ob eine junge Person, z.B. ein Schüler, an einer Depression leidet, kann der Screening Test für Depression ausgefüllt werden.
Überweisung in medizinische Versorgung
Wenn man glaubt eine depressive Erkrankung erkannt zu haben, kann man sich Hilfe und Rat vom Schulpsychologen holen, wenn ein solcher vor Ort ist. Der Psychologe verfügt über ein größeres Wissen über Depression. Außerdem könnte es unter Umständen schwierig sein, die Familie des Betroffenen einzubeziehen, so dass der Psychologe dabei unterstützen kann, die Notwendigkeit einer medizinischen Versorgung zu verdeutlichen.
Wenn keine schulpsychologische Beratung zur Verfügung steht, sollte man mit der Familie sprechen und vorschlagen, dass der betroffene Jugendliche beim Hausarzt vorstellig wird, damit dieser die Situation einschätzt und die weitere Behandlung einleitet.
Daher kann es hilfreich sein, mit den Angeboten zur Erstversorgung (auch der psychiatrischen Versorgung) in der Nähe der Schule vertraut zu sein, so dass man den Familien direkt einige Anlaufpunkte vorschlagen kann.
Es kann auch hilfreich sein die betroffenen jungen Menschen und ihre Familien bereits über die Grundlagen der Behandlung informieren zu können.
Behandlung der Depression
In der Lage zu sein, junge Menschen und ihre Eltern über mögliche Behandlungsformen zu informieren, kann sehr hilfreich sein.
Die wichtigsten Pfeiler in der Depressionsbehandlung sind die antidepressive Medikation und die Psychotherapie. Aber es gibt noch weitere Möglichkeiten für spezifische Arten von Depression oder Patienten, die auf die reguläre Behandlung nicht ansprechen, sowie zusätzliche Unterstützung aus anderen Bereichen (Sport, kreative Aktivitäten, Ernährung usw.). Oftmals ist eine Kombination verschiedener Ansätze sinnvoll.